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Kooperatives Lernen - Mehr als Gruppenarbeit (Teil 1)

Über Jahrzehnte hat in deutschen Schulen das Bild von der Lehrkraft vor der Tafel unsere Vorstellung von Bildung geprägt. Doch auch wenn Frontalunterricht nach wie vor im Unterricht praktiziert wird, besteht längst Konsens darüber, dass auch alternative Lernmethoden große Vorteile mitbringen. Eine davon – kooperatives Lernen – stellen wir heute vor.

Beim kooperativen Lernen arbeiten Schülerinnen und Schüler in kleinen Gruppen zusammen, um gemeinsam Lerninhalte zu erarbeiten und zu vertiefen. Im Vergleich zum traditionellen Unterricht, bei dem die Lehrkraft als Wissensvermittler*in auftritt und die Schülerinnen und Schüler als passive Empfänger fungieren, rücken die Lernenden hier in den Fokus, während die Lehrkraft als Begleitung agiert.

In diesem Artikel lernst du die Grundlagen des kooperativen Lernens kennen und bekommst praktische Hinweise zur Umsetzung in deinem Unterricht.

Grundlagen - Was ist kooperatives Lernen und wie ist es entstanden?

Die Ursprünge von kooperativem Lernen gehen bereits auf die Zeit vor dem zweiten Weltkrieg zurück. Im Jahr 1937 veröffentlichten die Wissenschaftler Mark Arthur May und Leonard William Doob die Arbeit “Competition and cooperation”, in der sie herausfanden, dass Menschen, die miteinander kooperieren, um gemeinsame Ziele zu erreichen, erfolgreicher sind als Personen, die unabhängig voneinander an den gleichen Zielen arbeiten. In den 1960er Jahren begann der US-amerikanische Pädagoge und Soziologe Elliot Aronson die Jigsaw-Methode zu entwickeln und zu untersuchen. Aronson und seine Kolleg*innen suchten nach einem Weg, der es Schülerinnen und Schülern ermöglichte, aktiv am Lernprozess beteiligt zu sein und sich gegenseitig zu helfen.

Das Ergebnis war das "Jigsaw-Klassenzimmer", eine Methode des kooperativen Lernens, bei der Schülerinnen und Schüler in kleinen Gruppen zusammenarbeiten, um ein bestimmtes Thema oder eine Aufgabe zu bearbeiten. Jede Person in der Gruppe wird mit einem bestimmten Teilaspekt des Themas oder der Aufgabe betraut und arbeitet daran, diesen Teilaspekt zu erforschen. Anschließend treffen sich die Gruppenmitglieder wieder, um ihre Erkenntnisse auszutauschen und zusammenzuarbeiten, um das gesamte Thema oder die Aufgabe zu verstehen.

Der Begriff “kooperatives Lernen” ist nicht einheitlich definiert. So gibt es beispielsweise Überschneidungen zwischen kooperativem Lernen und kollaborativem Lernen. Häufig werden die Begriffe auch synonym mit dem Begriff der Gruppenarbeit verwendet, was allerdings nicht richtig ist. Während es sich bei der Gruppenarbeit um eine Sozialform handelt, sind kollaboratives und kooperatives Lernen übergeordnete Konzepte für den Unterricht. Ein wesentlicher Unterschied zwischen kollaborativem und kooperativem Lernen besteht in der Art und Weise der Zusammenarbeit:

  • Kooperatives Lernen: Hier werden Lerninhalte zwischen Gruppenmitgliedern aufgeteilt und bearbeitet. Die Ergebnisse werden dann in der Regel im Anschluss zusammengetragen. Die beteiligten Personen (hier: Schülerinnen und Schüler) sind dabei sowohl für das eigene Lernen als auch für das Lernen in der Gruppe verantwortlich.
  • Kollaboratives Lernen: Beim kollaborativen Lernen hingegen wird eine Aufgabe gemeinsam bearbeitet. Die Lernenden sollen gemeinsam eine einheitliche Lösung bzw. ein gemeinsames Ergebnis finden.

Kooperatives Lernen ist eine Methode des Unterrichts, bei der Schülerinnen und Schüler in kleinen Gruppen zusammenarbeiten, um gemeinsam ein Ziel zu erreichen. Die Idee hinter kooperativem Lernen ist es, dass Schülerinnen und Schüler nicht nur von der Lehrkraft, sondern auch voneinander lernen und sich gegenseitig dabei unterstützen, ihre Fähigkeiten und Kenntnisse zu verbessern. Gut umgesetzt führt es beispielsweise zu einer höheren Motivation und Selbstständigkeit der Schülerinnen und Schüler, zu einem besseren Verständnis der Lerninhalte und zu einer Verbesserung der sozialen Kompetenzen.

Kooperatives Lernen hat sich als wirksame Methode des Unterrichts erwiesen und wird in vielen Schulen und Hochschulen weltweit angewendet. Studien haben gezeigt, dass Schülerinnen und Schüler, die kooperativ lernen, bessere Leistungen erzielen, ihr Selbstvertrauen und ihre sozialen Fähigkeiten verbessern und eine höhere Motivation haben. Gleichzeitig sehen viele Lehrkräfte allerdings auch Probleme bei der Umsetzung, beispielsweise durch fehlende soziale Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler oder fehlende Ressourcen in der Schule. Wichtig ist daher, dass die Einführung von kooperativem Lernen auf Schulebene stattfindet und nicht von einzelnen Lehrkräften gestemmt werden muss.